Aldi Süd und Lidl, Burger King und Rügenwalder Mühle: EU droht, größten Markt für Alternativprodukte auszubremsen

Vorschlag zur Bezeichnung pflanzlicher Alternativen gefährdet Deutschlands Wettbewerbsvorteil und Exporte in EU-Länder

21 Unterzeichner, darunter Aldi Süd Deutschland, Lidl in Deutschland, Burger King Deutschland und Rügenwalder Mühle wie auch die Ernährungsorganisation ProVeg, haben sich hinter einem offenen Brief an die Abgeordneten im Europäischen Parlament versammelt. Die Hersteller, Lebensmitteleinzelhändler und Gastronomen fordern das Plenum auf, bei der Abstimmung in der übernächsten Woche drohende Schäden entlang der pflanzlichen Wertschöpfungskette abzuwenden. Andernfalls seien massive Nachteile für Deutschland und auch die Europäische Union (EU) zu erwarten.

Am 7. Oktober 2025 wird das Plenum des Europäischen Parlaments über eine Beschlussempfehlung zur Änderung der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) abstimmen. Die GMO regelt den EU-Binnenmarkt mit Agrarprodukten. Erklärtes Ziel des Berichts vom Agrarausschuss, der die Empfehlung enthält, ist eine Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Der Ausschuss fordert aber auch, etablierte und alltagsnahe Begriffe wie „Burger“, „Wurst“ und „Schnitzel“ künftig ausschließlich Produkten tierischer Herkunft vorzubehalten.1

Warum widerspricht die Beschlussempfehlung Regierungszielen?

In Deutschland ist die Verwendung alltagsnaher Begriffe bislang auch zur Bezeichnung pflanzlicher Alternativen zu Fleisch- und Wurstwaren erlaubt und damit fester Bestandteil eines erfolgreichen und lebendigen Wirtschaftszweigs.2 Immerhin ist Deutschland der mit Abstand größte Markt für pflanzliche Alternativen in Europa und exportiert die Produkte in zahlreiche EU-Länder.3 Die These, diese Praxis der Bezeichnung könnte Verbraucher verwirren, haben Studien mehrfach widerlegt.4 5 6

„Wann ist eine Wurst eine Wurst?, fragt die EU wieder einmal und droht Sicherheit und Stabilität für Investitionen in alternative Proteine zunichtezumachen. Dass 21 Marktexperten für Handel, Industrie und Gastronomie nun mit gemeinsamer Stimme Alarm schlagen, zeigt: Die bewährten Bezeichnungen haben den Praxistest hierzulande klar bestanden“, meint Dr. Nina Wolff, Politik-Expertin bei ProVeg. „Die Branche verspricht eine sechsstellige Zahl an neuen Arbeitsplätzen. Wer ein wirtschaftlich starkes Deutschland in einer starken EU zum Ziel hat, muss deshalb die Einschränkung dieser Praxis im Plenum ablehnen.“

Der Sektor kann innerhalb von 20 Jahren bis zu 65 Milliarden Euro zur deutschen Wirtschaftsleistung beitragen und bis zu 250.000 neue Arbeitsplätze schaffen, darunter allein 40.000 in der Landwirtschaft, prognostiziert das Beratungsinstitut Systemiq.7 Die deutsche Regierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, alternative Proteinquellen aktiv zu fördern.8 Um international nicht den Anschluss zu verlieren, müsse die EU aber auch ihren Rechtsrahmen an den wissenschaftlichen Fortschritt anpassen, monierte kürzlich der Wissenschaftliche Beirat der Europäischen Akademien.9

Im Falle eines Verbots drohen daher weitreichende Nachteile, die sich auf Deutschland wie auch auf den EU-weiten Export auswirken könnten. Dies wäre ein verheerendes Signal mit Blick auf das stagnierende Wirtschaftswachstum hierzulande und hohe Zölle im Außenhandel.10

Alltagsnahe Begriffe: Orientierung, Investitionssicherheit, Resilienz

  1. Vertraute Begriffe helfen Verbrauchern, Geschmack, Textur und Zubereitung eines Lebensmittels einzuschätzen. Kombiniert mit eindeutigen Zusatzangaben wie „rein pflanzlich“ gewährleisten sie Transparenz und Orientierung.
  2. Vertraute Begriffe helfen Herstellern von Alternativprodukten, vom innovativen Start-up bis zum Mittelständler, zielgerichtet neue Alternativen auf dem dynamischen pflanzlichen Markt einzuführen. Vor allem die große Zahl der Flexitarier fragt dezidiert pflanzliche Pendants zu tierischen Produkten nach.
  3. Vertraute Begriffe helfen Herstellern, dem Lebensmitteleinzelhandel und der Gastronomie pflanzliche Alternativen in bestehende Sortimente und Verpackungssysteme zu integrieren. Denn mit der Vielfalt des Proteinangebots steigt auch die Resilienz der Lebensmittelversorgung.
  4. Vertraute Begriffe helfen landwirtschaftlichen Betrieben, indem sie eine stabile Nachfrage nach Agrarprodukten aus Eiweißpflanzen wie Hülsenfrüchten befördern. Als Teil der Fruchtfolge erhöhen diese den Nährstoffgehalt der Böden und sichern somit neben neuen Einnahmequellen auch über das Jahr hinweg die Erträge.

Quellen

  1. Vgl. Europäisches Parlament (2025): Report on the proposal for a regulation of the European Parliament and of the Council amending Regulations (EU) No 1308/2013, (EU) 2021/2115 and (EU) 2021/2116 as regards the strengthening of the position of farmers in the food supply chain, Amendment 113, S. 63, veröffentlicht am 11.09.2025. Online unter: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-10-2025-0161_EN.pdf
  2. Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (2024): Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs, veröffentlicht am 23.10.2024. Online unter: https://www.bmleh.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ernaehrung/Lebensmittel-Kennzeichnung/LeitsaetzevegetrarischeveganeLebensmittel.html
  3. GFI Europe (2025): Entwicklung des Marktes für pflanzenbasierte Lebensmittel im deutschen Einzelhandel, veröffentlicht im Juni 2025. Online unter: https://gfieurope.org/de/wp-content/uploads/sites/2/2025/06/Entwicklung-des-Marktes-fuer-pflanzenbasierte-Lebensmittel-im-deutschen-Einzelhandel-2022-2024.pdf
  4. IFH Köln (2022): Kennzeichnung von vegetarischen/veganen Ersatzprodukten – Eine bevölkerungsrepräsentative
    Befragung von Verbraucher:innen, veröffentlicht im März 2022. Online unter: https://www.vzbv.de/sites/default/files/2022-04/220307_IFH%20K%C3%96LN_Verbraucherzentrale_Kennzeichnung%20von%20Ersatzprodukten_final.pdf
  5. BEUC (202): One bite at a time – Consumers and the transition to sustainable food, veröffentlicht im Juni 2020. Online unter: https://www.beuc.eu/sites/default/files/publications/beuc-x-2020-042_consumers_and_the_transition_to_sustainable_food.pdf
  6. Smart Protein Project (2023): Evolving appetites – An in-depth look at European attitudes towards
    plant-based eating, veröffentlicht im September 2023. Online unter: https://smartproteinproject.eu/wp-content/uploads/Smart-Protein-European-Consumer-Survey_2023.pdf
  7. Systemiq (2025): A Taste of Tomorrow – Wie sich die deutsche Wirtschaft durch Proteindiversifizierung voranbringen lässt, veröffentlicht im Februar 2025. Online unter: https://www.systemiq.earth/wp-content/uploads/2025/02/A-Taste-of-Tomorrow-Wie-sich-die-deutsche-Wirtschaft-durch-Proteindiversifizierung-voranbringen-lasst_Systemiq_DE_Final_17.02.pdf
  8. CDU, CSU & SPD (2025): Verantwortung für Deutschland. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 21. Legislaturperiode, veröffentlicht am 09.04.2025. Online unter: https://www.cdu.de/app/uploads/2025/04/Koalitionsvertrag-%E2%80%93-barrierefreie-Version.pdf
  9. Vgl. EASAC (2025): Meat Alternatives, Policy Report 49, veröffentlicht im September 2025. Online unter: https://easac.eu/fileadmin/user_upload/EASAC_Meat_Alternatives_final_040925.pdf
  10. Vgl. Bardt, H., M. Beznoska et al. (2025): IW-Konjunkturprognose Herbst 2025 – Warten auf die Wende, IW-Kurzbericht 83, veröffentlicht am 17.09.2025. Online unter: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Kurzberichte/PDF/2025/IW-Kurzbericht_2025-Konjunkturprognose-Herbst-2025.pdf

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